Ich konnte tatsächlich noch etwas aus einem Online-Archiv retten. Ein großes Danke an die Leute von Internet Archive. Ihr seid meine persönlichen Helden. Dank euch konnte ich einige meiner alten Beiträge zurückbekommen.
Dieses Projekt wurde durch die damaligen Kommentatoren erst ermöglicht. Jetzt, nach sieben Jahren, veröffentliche ich diese Kurzgeschichte erneut. Als Symbol einer sehr guten Erfahrung mit einer fast schon familiären Community. Auch euch gebührt mein Dank.
Das ist der originale Post aus dem November im Jahr 2013
Heute kann ich mit Erfolg verkünden, dass das Projekt Kurzgeschichte positiv ausgefallen ist und nun veröffentlicht wird. Ich bedanke mich bei allen Autoren, die fleißig ihre Kommentare – und somit die Geschichte – abgegeben haben. Am Ende der Geschichte stehen die Namen aller beteiligten. Gute Unterhaltung.
Kurzgeschichte
Es war bereits dunkel, als es plötzlich an der Tür klopfte und zugleich klingelte.
Langsam erhob ich mich aus meinem Sessel und lief gemütlich zur Sprechanlage. Kurz bevor ich die Sprechanlage erreichen konnte sah ich im Augenwinkel wie meine zuvor wahrscheinlich zu hastig in den Aschenbecher abgelegte Zigarre aus diesem heraus, auf den Flokati fiel.
“Was nun?” fragte ich mich “Zur Tür gehen und öffnen oder schnell zurück und den Flokati retten?”
Ich entschied mich den Flokati zu retten. Ich empfand es als störend, dass zu dieser späten Stunde ein Besucher an der Tür dazu führen könnte ein Brandloch in meinem teuren und schönen Flokati zu bekommen.
Wieder klopfte es an der Tür! Nur diesmal war es sehr laut. “Wer ist da!” rief ich der geschlossenen Tür zu. Den Hörer der Sprechanlage in der Hand öffnete ich die Tür und da stand die hübsche Nachbarin von nebenan.Ich traute meinen Augen nicht. Da stand sie , mit nassen, zerzausten Haaren und schaute mich an und sagte mit weinerlicher, fast verzweifelter Stimme. “Warum!”, ich wusste nicht so recht was ich davon halten sollte und fragte ahnungslos “Was Warum?”
Sie fiel mir um den Hals und riss mich beinahe um. Die Tränen flossen ihr aus den Augen und durchtränkten mein nagelneues Hemd. Ich bat sie, sich einen kurzen Moment zu gedulden, während ich über die Sprechanlage mit dem zweiten Besucher sprach. Dieser gab sich als Finanzbeamte zu erkennen, was mir in Anwesenheit der noch wartenden Nachbarin dann doch eine gewisse Schamesröte ins Gesicht trieb. Ich dachte mir nur noch, “Oh Mann, wenn’s schief läuft, läuft’s so richtig schief!” Dabei freute ich mich so, dass meine attraktive Nachbarin endlich vor mir stand und offensichtlich meine Hilfe brauchte.
Fieberhaft überlegte ich mir, was nun zu tun sei.
Nach einigen Augenblicken des Überlegens kam mir ein Gedanke. “Wie spät ist es eigentlich?” fragte ich mich.
Ich schaute auf meine erst gestern zum Geburtstag geschenkt bekommende Ice Watch.
“Kurz vor acht ?” zeigte mir die Position der Zifferblätter der Ice Watch “Ein Finanzbeamter um diese Uhrzeit?” das konnte doch nicht stimmen. Die Nachbarin weinte leise weiter und ich überlegte immer noch was ein Finanzbeamter am früher Abend von mir wollte.
Da ich in den vergangenen Jahren auch nicht immer ein so seriöses Leben geführt hatte und sich darum auch ein paar mir feindlich gesinnte Menschen in meinem Umfeld befanden zog ich es vor nicht ohne meinen griffbereiten Baseballschläger die Tür zu öffnen.
In der Zwischenzeit drängte ich meine aufgebrachte Nachbarin in das nach Zigarrenqualm stinkende Wohnzimmer und platzierte Sie auf dem Sofa. Sie erschien erstaunt darüber, dass ich mit einem Baseballschläger eilig zur Wohnungstür stolperte und diese mit einem Ruck öffnete.
Da stand er nun, ein biederer Mittvierziger im Columbo-Look, der mir seinen Dienstausweis vor die Nase hielt und sich als Hieronymus Huber vorstellte. Ganz dem Klischee entsprechend erinnerte er mich in penetranter Manier an die noch nicht bezahlte Steuernachzahlung aus dem Vorjahr . Das waren schlappe 1.238 Euro und genau 16 Cent, die dieser „Bleistiftspitzer“ mal eben von mir haben wollte. Ich erklärte dem „netten“ Herrn Huber: „Gedulden Sie sich einen Moment – ich hab doch eine Bankquittung, dass ich den Betrag längst bezahlt habe …“, und schloss schnell die Tür …
Natürlich habe ich mein sauer verdientes Geld nicht an diese „Blutsauger“ überwiesen, mein Atem geriet daher erstmal ins Stocken … „Was mach ich jetzt“, dachte ich mir und nach kurzem Überlegen kam mir auch schon der rettende Geistesblitz: Ich füll einfach schnell einen Überweisungsträger meiner Bank aus und zeig dem Schnösel anschließend den Durchschlag als Beweis für die Zahlung.
Noch nicht ganz überzeugt von meinem Versuch, füllte ich den Überweisungsträger schnell und mit einer kaum lesbaren Schrift aus, riss das Deckblatt ab und zerknüllte die Durchschrift ein wenig. So sollte es den Anschein haben, ich hätte die Durchschrift des Überweisungsträgers die ganze Zeit in meiner Tasche gehabt.
Doch bevor ich die Tür öffnete, holte ich noch einmal tief Luft und ging mein Vorhaben mit einem leichten Lächeln an. Ich öffnete.
“Bitte, Herr Huber”, sagte ich freundlich mit dem wertlosen Stück Papier in der linken Hand.
Herr Huber blickte erst mich, dann den Überweisungsträger ganz verdattert an. Schließlich sagte er nur kurz und kleinlaut “Danke!”.
Ich schloss die Tür und drehte mich zu meiner Nachbarin um, als es plötzlich wieder lautstark an der Tür klopfte. Noch mit zitternde Knien drehte ich mich wieder zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Ach du Sch…(ande), da stand nun auch noch zu allem Überfluss Muttchen Walburga und wollte mir einen Überraschungsbesuch abstatten. “Was hab ich nur verbrochen, dass ich an einem Tag so gestraft werde …” – war mein erster Gedanke, als ich in ihre liebevollen Kulleraugen starte. “Hallöchen mein Junge”, sagte Muttchen Walburga, “ich dachte mir, da du dich ja nicht von alleine meldest, komme ich mal eben auf einen Kaffee vorbei”. “Komm rein”, sagte ich zu ihr.
Als sie meine Nachbarin im Wohnzimmer sitzen sah, bekam Muttchen ein ganz breites Grinsen im Gesicht. “Hallo”, sagte sie kurz zu der irritierten Nachbarin und setzte sich ihr gegenüber. Ich verzog mich in die Küche um schnell einen Kaffee aufzusetzen. Währenddessen hörte ich die beiden Mädels im Wohnzimmer reden. Ich holte noch die Tassen aus dem Hängeschrank über der Spüle, als es wie aus heiterem Himmel einen so lauten Knall gab, dass ich vor Schreck die Tassen fallen lies. Geschockt und vollkommen regungslos stand ich nun da und lauschte. Ich versuchte herauszufinden, woher dieser Knall kam.
Noch geschockt vom überraschend kommenden Knall, lief ich wie in Trance Richtung Wohnzimmer. Dort herrschte das reinste Chaos. Alles lag verstreut auf dem Boden herum. Die Fenster waren aus ihren Rahmen gesprengt worden, die Möbel bestanden nur noch aus Kleinholz, mein geliebter Flokati qualmte noch vor sich hin, doch was war das?
Muttchen Walburga lag leblos in einer Ecke des Raumes, die Nachbarin war zerfetzt und verteilte sich an den Wänden in vielen Einzelteilen.
Noch bevor ich mich besinnen konnte überfiel mich eine tiefe Ohnmacht.
Nach einiger Zeit kam ich langsam zu mir und hörte ein nerviges Piepen. Bis ich klar sehen konnte vergingen noch ein paar Minuten.
“Wie kann das sein…?” dachte ich als ich mich umsah. Ich lag angezogen, sogar mit Schuhe im Bett. Mein Kopf brummte und dröhnte wie verrückt. Mit der linken Hand schlug ich den nervenden Wecker aus und setzte mich langsam auf.
“Nie wieder Alkohol!” stammelte ich vor mich hin.
Bei einem starken Kaffee in der Küche zündete ich mir eine Zigarette an. Über die seltsamen Ereignisse nachdenkend, die ich tief schlafend erlebt hatte, musste ich Kopfschüttelnd schmunzeln.
“Nur ein Traum”, sagte ich leise zu mir selbst, als es plötzlich an der Tür klopfte…
Kommentar-Autoren:
Jan, perfect-seo.de, Nina, AV100, Jürgen Lupberger, fantasylife, Heike, Artur, André Dietrich, Tino Dietrich
Viele Dank für die Beteiligung der Kommentatoren aus dem Projektjahr 2013!
Bild von Fathromi Ramdlon auf Pixabay