April, April. Ja, genau. Der Tag der Bespaßung durch Verbreitung von Falschinformationen, erfundenen Gerüchten und Scherzen, die unter Umständen emotional verletzend sein, im schlimmsten Fall sogar richtige Verletzungen und sogar den Tod herbeiführen könnten. Mit Aprilscherzen sollte man also sparsam sein und vorher gut überlegen, was für Konsequenzen denkbar wären. Ich schreibe einfach mal eine kurze Geschichte dazu.
April, April, jeder macht, was er will – oder, der Aprilscherz
Schon wieder neigt sich der März dem Ende entgegen. Unaufhaltsam folgt ein Tag dem anderen. Das Uhrwerk der Zeit hat einen nie ausgehenden Treibstoff. Kein Herkömmlicher, wie Benzin oder Gas. Es ist das ultimative Gemisch aus Gestern, Heute und Morgen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, das sind die Grundzutaten für die Zeit. Nur deshalb hört sie niemals auf. Auch dann nicht, wenn es uns längst nicht mehr gibt. Keine Menschenseele. Dennoch folgt ein Tag dem anderen. Und so geht es auch mir. Jeden Tag um acht Uhr früh klingelt mein Wecker. Ich schalte ihn aus, um dann gegen halb zehn festzustellen: Ich hab verpennt. Aber das macht nichts, habe ja keine Vorgesetzten, die mit dem Finger auf mich zeigen und mich rügen und tadeln. Im Gegenteil. Ich bin mein eigener Herr. Nur ich entscheide, wann ich was mache und wann ich es nicht möchte. Dazu gehört auch das Aufstehen. Es gibt immer ein Minimum, was ich am Tag schaffen sollte, um nicht zu verhungern. Es ist meine Existenz, geht also niemanden etwas an. Möchte mich dafür auch nicht rechtfertigen. Muss ich auch nicht. Was solls. Morgen ist der 1. April, da habe ich sowieso nie Lust irgendetwas zu machen. Nicht mal aufstehen. Also gehe ich jetzt ins Bett und bleib morgen früh einfach liegen. Gute Nacht.
Acht Uhr. Der nervtötende Wecker auf meinem Smartphone geht mir auf den selbigen. Ich swipe oder wipe – oder wie man das heutzutage nennt – um das Ding abzustellen. Es klappt nicht. Nach einer Minute geht er von alleine aus und ich beruhige mich wieder und schlafe ein. Ich habe soeben die schönste Frau der Welt erblicken dürfen. Sie zog sich aus und hatte nur noch einen Hauch von Stoff an sich hängen, da höre ich ein unliebsames Geräusch und suche danach. Erst als ich blinzeln muss, weil mir das Licht von draußen in mein Gesicht strahlt, merke ich, dass ich nur geträumt habe. Mein Puls muss einhundertzwanzig drauf haben, so schnell wie mein Herz schlägt. Ich spüre, wie sich meine Halsschlagadern in einen gefährlichen Sog verwandeln und mir das Blut in den Kopf saugen. Ich unternehme erneut einen Versuch, den Wecker abzustellen. Es gelingt mir schon wieder nicht. Nach einigen Sekunden der Raserei, Stille. Das Ding hat aufgehört, von allein. Mein Vorhaben, einfach liegen zu bleiben, scheint sich in Luft aufzulösen. Dabei war ich mir sicher, den Wecker gestern Abend noch ausgeschaltet zu haben. Doch finde ich die scheiß App nicht. Als plötzlich ein Schlüssel in das Türschloss der Wohnungstür geschoben wird, springe ich vor Schreck aus dem Bett. Ich bewaffne mich mit dem Deckel vom Wäschekorb aus Bast und halte die Luft an. Mein Herz rast in meiner Brust, als würde ich soeben die Ziellinie eines Hürdenlaufs erreicht haben. Für einen kurzen Moment lenkt mich die blöde Katze ab, die sich von hinten an meine Beine geschlichen hat. Automatisch, wohl vor Schreck, schaue ich zu ihr herunter. Ein desinteressierter Blick der miauenden Katze lenkt mich etwas zu lang ab. In dem Moment springt mir eine Gestalt entgegen. Die Katze glich in diesem Augenblick eher einen Kugelfisch, der sich eben erst aufgepumpt hat, als sie vor meinen Augen vorbeifliegend fauchte. Reflexartig schlag ich mit dem Bastdeckel in Richtung Gestalt und höre einen lauten Schrei, der nicht von mir zu kommen scheint. Oh je. Da fällt mir doch wieder ein, dass meine Frau ihren freien Tag hat. Ich gehe also schnell in die Hocke und spende ihr Trost, so gut ich kann. An ihrem Kopf ist nur eine kleine Schramme zu erkennen, sonst nichts. Ihr Körper zittert stark. Hab ich sie womöglich doch an einer falschen Stelle getroffen? Ich taste ihren Kopf ab, ihr Körper bebt immer heftiger. Mit einem Mal entlädt sich ihre mit Luft gefüllte und zuckende Hülle mit einem lauten Grunzen gefolgt von einem Lachanfall. Als ich ungläubig aufstehen will und mit dem Kopf schüttele, schreit sie nur: April, April!
Und außerdem war das gar nicht mein Handy. Erst als ich das begriff, lachte ich mit.