Schreibübung 30: Journalist

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Die Schreibübung 30 mit dem Wort Journalist ist die vorerst Letzte. Denn ich habe mich aufgrund der daraus resultierenden Geschichten dazu verleiten lassen, ein Projekt zu beginnen. Das Projekt löst sozusagen die Schreibübung ab. Zukünftig gibt es dann jede Woche eine kleine Kurzgeschichte aus meiner Feder. Einen Monat lang diese Schreibübungen zu absolvieren, haben mir gezeigt, dass man zu jedem Thema etwas schreiben kann. Mal gut, mal nicht so gut. Es hängt vielmehr vom Thema – in unserem Fall dem Wort – ab, wie einem der Text aus den Fingern fließt. Aber nun schreibe ich die vorerst letzte Übung.

Schreibübung 30: Journalist

Er war ständig auf der Suche nach der Story. Nicht nach irgendeiner, davon gab es mehr als genug auf der Welt. Eine ganz Bestimmte musste es sein. Welche, wusste er selbst nicht. Er würde es fühlen, wenn es soweit ist. Doch das Gefühl blieb aus. Erst Jahre, dann Jahrzehnte. So vergingen fast zwanzig Jahre mit immer denselben Storys. Ehedrama hier, Unfall dort. Chemieunfall auf einer stark frequentierten Straße oder in einem Naturschutzgebiet. Opfer, Täter, Politiker, Lügner, Promis, selbst ernannte Promis mit verunstaltetem Gesicht, häufig mit riesigen Fleischbergen als Busen. Unnatürlich und meistens auch hässlich empfand er diese Menschen. Auch Männer waren darunter. Aufgepumpte Glatzköpfe mit einem Intelligenzquotienten jenseits unserer Welt.
Und ständig wurde über das Jobcenter genörgelt. Kürzungen hier, ungerecht da. Er hatte es echt satt. Von diesen ganzen kram waren die Medien überflutet. Selbst im Fernsehen lief kaum noch etwas Gutes wegen dieser ganz eigenen Gattung von #daslebenistungerechtzumir oder #ichgehniemalsarbeiten. Aber er wusste auch, dass es bald soweit sein muss. Er spürte das sich etwas tat, dort draußen.

Er lebte in den Tag hinein. Immer und immer wieder. Umso älter er wurde, desto langweiliger empfand er diesen Job. Er musste manchmal schon nicht mehr los, um über etwas zu schreiben. Es war eh immer gleich. Nur Namen und Ort änderten sich ständig. Diese Informationen bekam er auch am Telefon heraus. Und so zog es sich immer weiter in die Länge. Aber er hatte einen Plan.

Wochenlang überlegte er schon, ob er nicht ein Buch schreiben sollte. Eine Art Erfahrungsbericht für angehende Journalisten und worauf sie sich einlassen. Nun setzte er es in die Tat um. Wort für Wort füllten sich zahlreiche Zeilen und Dokumente am Computer. Es dauert nicht lange, bis es fertig war. Vielleicht drei Wochen? Er hatte selbst nicht darauf geachtet, wie lange es her war, wo er die erste Silbe eingab. War ja auch egal.
Da er schon so lange Bestandteil der großen Redaktion war, durfte er sein Buch auch von den Lektoren durcharbeiten lassen. Das dauert eine gefühlte Ewigkeit.

Doch das warten sollte sich für ihn lohnen. Noch bevor er sein Manuskript zur Nachbearbeitung zurückbekam, orderte ihn sein Chef ins Büro. Dort teilte er ihm mit, dass sein Buch verlegt werden soll. Es war ein richtig guter Einblick in das Journalistenleben, gab er ihn zu verstehen. Also willigte er ein und freute sich riesig darüber. Das hätte er so nicht gedacht. Die Story seines Lebens ist seine eigene. Es wurde ein Bestseller. Nun war auch sein Gefühl weg. Er spürte nicht mehr diese Nähe einer großen Sache. Er hat sie gefunden und umgesetzt. Es blieb ihm so lange verborgen, dabei war es direkt vor ihm sogar in ihm drin. Hätte er das gewusst, wäre er damit schon längst angefangen. Ein Journalist und Bestsellerautor, wer hätte das gedacht.

Ende

Ein paar letzte Worte dazu

Diese Übung fiel mir wieder schwer. Ob es daran lag, dass es vorerst die Letzte ist? Oder war es das Wort? Ich weiß es nicht, kann nur dazu sagen, es machte mir trotz der leichten Schwierigkeiten Spaß. Man sollte ja nicht außer acht lassen, dass es nur eine Schreibübung ist.

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Engin Akyurt auf Pixabay

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